Die Aufzeichnungen des Augustiner-Chorherrn Aquilin Hacker (1701 bis 1764)

Cover des Buches über Hacker

Der St. Pöltener Augustiner-Chorherr Aquilin Hacker war ein emsiger und überdies sehr belesener Mann, der mehrere Sprachen beherrschte. 19 großformatige Textbände, in denen sich auch einige Zeichnungen befinden, haben sich im Diözesanarchiv St. Pölten von ihm erhalten.

 

Horst Rainer Sekyra hat sich die Mühe gemacht, einen Teil dieser Bände zu transkribieren, aus dem Lateinischen zu übersetzen und in Buchform vorzustellen – ohne wissenschaftlichen Anspruch, daher auch ohne Fußnoten mit detaillierten Belegen.

Wer war Aquilin Hacker?

Aquilin Hacker wurde im März 1701 im Schloss Salau, das wenige Kilometer westlich von St. Pölten liegt, als Josephus Franciscus Johannes Godefriedus Hacker geboren. Nachdem er den Elementarunterricht in Krems absolviert und in Wien studiert hatte, trat er 1719 in das Augustiner-Chorherrenstift St. Pölten ein (das Stift wurde im späten 18. Jahrhundert aufgehoben und dient heute als Sitz des St. Pöltener Diözesanbischofs).

 

Gleichzeitig begann er mit dem Studium der Theologie. 1720 legte er die ewige Profess ab, entschied sich also, im Augustiner-Chorherrenstift zu bleiben, und nahm den Namen Aquilin an. Bis zu seinem Tod im Jahr 1764 entfaltete er eine überaus rege Forschungstätigkeit.

Aquilin Hackers Interessen und Aktivitäten

Würde Aquilin Hacker heute leben, würde er Bücher und Quellen, die ihm interessant erscheinen, scannen und in eine Datenbank einfüttern. Zu seiner Zeit war er ein fleißiger Schreiber.

 

In den 19 Bänden im Diözesanarchiv St. Pölten finden sich Abschriften verschiedener naturwissenschaftlicher und geistlicher Werke, Abschriften von päpstlichen, bischöflichen und landesfürstlichen Dekreten sowie Aufzeichnungen über seine Tätigkeit im Augustiner-Chorherrenstift St. Pölten und als Pfarrer in Ober-Grafendorf (Entwürfe für Predigten, Ermahnungen an Wallfahrer etc.). Auch Rechenkunststücke, Rezepte für Heilmittel, Inschriften von Grabsteinen faszinierten ihn.

 

Darüber hinaus betätigte sich Hacker auf dem Gebiet der Vermessung. Der Motor für diese Aktivitäten war profan: Hacker wollte Ungerechtigkeiten bei der Steuerfestsetzung und -einhebung aufzeigen.

 

Besonders interessierte ihn die Geografie, vor allem des Pielachtals und des Ötschers, ein 1.893 Meter hoher Berg südwestlich von St. Pölten, den er sogar selbst bestiegen hat.

 

Hackers Schriften sind, abhängig von dem Erkenntnisinteresse, mit dem man sich ihnen nähert, eine Fundgrube an Wissen. Gleiches gilt für die Publikation Sekyras, der Hackers Werk blitzlichtartig beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt auf 

  • den wirtschaftlichen Aufzeichnungen Hackers,
  • seiner Beschreibung des Ötschers,
  • seiner Beschreibung des Pielachtals,
  • seiner Beschreibung der Pfarre Ober-Grafendorf,
  • Hackers Aufzeichnungen von Wallfahrten und Prozessionen und
  • Auseinandersetzungen des Klosters mit der Herrschaft Friedau. 

Für kulturgeschichtlich interessierte Leser sind die Einblicke Hackers bzw. Sekyras in das Leben im Augustiner-Chorherrenstift St. Pölten besonders spannend. Exemplarisch sei hier auf die von Sekyra veröffentlichten Mengen an tierischen Nahrungsmitteln verwiesen, die 1730 im Kloster verzehrt wurden: unter anderem 41 Ochsen, 10 Kühe, 203 Kälber und 56 Enten – insgesamt 1.303 Stück Vieh. Hinzu kamen 109 Stück Wildtiere (Wildschweine, Hirsche, Rehe, Otter, Füchse und Hasen), 516 Fische und 2.205 Eier.

 

Interessant sind auch die Einblicke, die der Autor in die Entlohnung der Dienstboten gibt: Eine Köchin verdiente etwa 15 fl. (fl. = Gulden) pro Jahr, ein Knecht zwischen 12 und 15 fl. Damit wird rasch klar, in welcher Liga Prandtauer spielte, der beispielsweise in Melk 300 fl. pro Jahr verdiente und nach Fertigstellung der Stiftskirche eine Sonderzahlung in Höhe von 1.500 fl. bekam.

 

Wer sich den 19 Bänden Aquilin Hackers nähern möchte, findet in dem Werk Horst Rainer Sekyras einen guten Einstieg. Abhängig vom Erkenntnisinteresse kann es danach sinnvoll sein, einzelne Handschriften Hackers im Original einzusehen. Und damit komme ich nun auch zu Jakob Prandtauer.

 

Wie ergiebig sind die Handschriften Hackers für eine Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk des Baumeisters?

Hacker und Prandtauer

Die 19 Folianten Hackers beinhalten für meine Arbeit zu Prandtauer (der übrigens 1660 geboren wurde und damit 41 Jahre älter als Hacker war) nur wenige, aber durchaus interessante Hinweise. Auf zwei Beispiele gehe ich im Folgenden näher ein.

Hafnerbach: Aufstellung der Figur des Hl. Zeno

Foto der Figur des Hl. Zeno
Hafnerbach, Hl. Zeno

So berichtet Hacker etwa von der Aufstellung der Statue des Hl. Zeno etwas außerhalb der kleinen Ortschaft Hafnerbach durch Prandtauer.

 

Aquilin Hacker notiert: ... operis [gestrichen: author] director D[ominus] Prandauer (DASP, Hs. 178/1, fol. 119r; Sekyra 2016, S. 310).

 

Die Beiziehung Prandtauers durch den Auftraggeber Franz Raimund Graf von Montecuccoli war wahrscheinlich notwendig, weil die Statue direkt neben dem sog. Zenobach aufgestellt wurde und es im Vorfeld das Terrain zu sichern sowie ein Fundament zu errichten galt.

 

Die Statue selbst hat mit Prandtauer nichts zu tun. Sie könnte von seinem Schwiegersohn Peter Widerin stammen.

Der Hochaltar von Ober-Grafendorf

Pfarrkirche von Ober-Grafendorf
Pfarrkirche von Ober-Grafendorf

 

1699 ließ Propst Christoph Müller von Prankenheim in der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Pfarrkirche von Ober-Grafendorf einen neuen Hochaltar errichten. Aquilin Hacker war von 1734 bis 1764 Pfarrer in Ober-Grafendorf und kannte von daher natürlich den Altar, der 1785 abgebrochen und durch den Hochaltar aus der aufgehobenen St. Pöltener Karmelitinnenkirche ersetzt wurde.

 

Auf der Basis von Dokumenten, die ihm damals noch im Original vorlagen, berichtet Hacker über die Aufstellung des Altars und über die hohen Kosten. Für den Entwurf zeichnete, wie er festhält, Jakob Prandtauer verantwortlich. Hacker berichtet:


1699. Grosse Ausgaaben beym neüen Hochaltar. H[err] Prandauer in S[ankt] Polten Inventor und Bildhauer dabey (DASP, Hs. 178/2, fol. 396v).

 

Huius D[omini] Parochi industria maius ecclesia altare, quod hodiedum perstat, sub ann[o] 1699 extructum est, cui operam suam impendit D[ominus] Prandauer eximius sua aetate sculptor, et architectus. Iimaginem pinxit D[ominus] Auer Wilhelmopoli: qui etiam altare coloribus obduxit, et deauravit ... (DASP, Hs. 178/1, fol. 63v).

 

Auf Deutsch: „Durch den Eifer dieses Herrn Pfarrers wurde der größere Altar der Kirche, der heute noch vorhanden ist, im Jahr 1699 errichtet, für den Herr Prandauer seine Arbeit aufwendete, ein herausragender Bildhauer und Architekt zu seiner Zeit. Das Bild malte Herr Auer aus Wilhelmsburg, der auch den Altar mit Farben überzog und vergoldete ...“

Einblick in die Pfarrkirche von Ober-Grafendorf
Einblick in die Pfarrkirche von Ober-Grafendorf mit dem Hochaltar aus der St. Pöltener Karmelitinnenkirche

Um 1700 wird Jakob Prandtauer in verschiedenen Quellen immer wieder als "Bildhauer" bezeichnet, ohne dass die Forschung weiß, was er genau gemacht hat.

 

Der Hochaltar von Ober-Grafendorf ist das einzige Werk, das sich archivalisch gesichert mit ihm als Bildhauer in Verbindung bringen lässt – nur hat sich der Altar eben nicht erhalten.

 

Auch meine Recherchen haben zu Prandtauers Tätigkeit als Bildhauer nichts Neues erbracht. Hier tappen wir also weiterhin im Dunkeln.

Informationen zum Buch von Horst Rainer Sekyra

Das Buch ist 2016 in der Reihe "Beiträge zur Kirchengeschichte Niederösterreichs" des Diözesanarchivs St. Pölten erschienen und kann direkt im Archiv zum Preis von 25 Euro bestellt werden

 

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