Jakob Prandtauer und die Malatesta-Medaille von Pisanello

Raimund Duellius, Excerptorum Genealogico-Historicorum, Titelblatt

Patrick Fiska und Huberta Weigl


Jakob Prandtauer wohnte in St. Pölten im Klosterviertel, also in jenem Teil der Stadt, der dem Augustiner-Chorherrenstift (heute: Bistumsgebäude) unterstand. Zeit seines Lebens war er seinem Grundherren verbunden. Er arbeitete für das Stift, und sein Sohn Franz Joseph (1695–1741) war Mitglied des Konvents.

 

Von daher kannte Prandtauer zweifelsohne auch Raimund Duellius, der 1716 zum Priester geweiht wurde und viele Jahre Bibliothekar des Augustiner-Chorherrenstiftes war. Duellius beschäftigte sich mit der Ordensgeschichte, mit Fragen der Numismatik, der Genealogie, der Diplomatik sowie der Quellenkunde und publizierte auch dazu. 1725 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „Excerpa Genealogico-Historica“ – und ein von der Forschung bislang nicht beachteter Satz darin führt zu Prandtauer.

Die Malatesta-Medaille von Pisanello

Die für uns relevante Stelle befindet sich im dritten Teil des Buches von Duellius, in dem dieser verschiedene antike und mittelalterliche Grabsteine, Siegel und Medaillen in Textform erläutert und als Kupferstich abbildet.

Raimund Duellius, Excerptorum Genealogico-Historicorum, S. 356

Auf Seite 356 zeigt Duellius unter der Nummer X eine bekannte, kunsthistorisch bedeutende Renaissancemedaille, die, wie er darlegt, aus dem Besitz Jakob Prandtauers stammt.

 

Sie zeigt auf der Vorderseite (Avers) den Feldherrn Domenico Novello Malatesta (1418–1465). Auf der Rückseite (Revers) ist eine Kreuzigungsszene mit einem knienden Ritter und einem Pferd in spektakulärer Rückenansicht abgebildet (siehe auch das Foto auf Wiki Commons), wobei mit dem Ritter natürlich Domenico Novello Malatesta gemeint ist.

Die Medaille dürfte um 1445 entstanden sein und stammt von Antonio Pisano (1395–1455), auch Pisanello genannt, dessen Name auf der Rückseite steht. Sie ist ein bedeutendes Beispiel einer Bildnismedaille aus der Zeit der Renaissance.

Detail: Medaille

In seiner Erläuterung schreibt nun Duellius (Seite 340):

 

Beneficio Celeberrimi Architecti Sand-Hippolytensis Jacobi Prandauer aereum Majoris formae Numisma, in quo Malatesta Novellus conspicitur, apponimus.

 

Übersetzt: "Dank des hochberühmten St. Pöltener Baumeisters Jakob Prandtauer fügen wir eine Bronzemünze in größerer Form an, auf der Malatesta Novellus zu sehen ist."

 

Wahrscheinlich hat Prandtauer Duellius die Medaille für die Publikation zur Verfügung gestellt. Wie es dazu gekommen ist, wissen wir nicht. Möglicherweise hat der Baumeister den Augustiner-Chorherren um eine Einschätzung der Medaille gebeten, vielleicht hat er sie ihm aber auch gezeigt, weil er um die Forschungsinteressen des Bibliothekars wusste.

Zitat mit Nennung Prandtauers

Duellius hat jedenfalls in der Folge umfassende Literaturstudien betrieben, um seinen Leserinnen und Lesern detaillierte Informationen zu der Medaille geben zu können. Schauen wir uns kurz an, was Duellius in Erfahrung gebracht und welche Bücher er benutzt hat.

Das Forschungsinteresse von Duellius und seine Literaturrecherchen

Zunächst weist Duellius darauf hin, dass der Medaillenguss erst mit der Renaissance wiederbelebt wurde, und zwar unter anderem eben durch Pisanello. Als Referenz zitiert er die deutsche Ausgabe von Louis Joberts „La Science des médailles“, die den Titel „Einleitung zur Medaillen- oder Münz- Wissenschaft“ trägt und 1718 erschienen ist.

 

Um den Rang Pisanellos als bedeutenden Künstler und Schöpfer von Medaillen zu unterstreichen, zitiert Duellius (nach Giorgio Vasari) die Ausführungen des italienischen Geschichtsschreibers Paolo Giovios zu der von Pisanello angefertigten Medaille des byzantinischen Kaisers Johannes VII. Palaiologos.

 

Im Hinblick auf die Biografie Domenico Malatestas weist Duellius darauf hin, dass dieser 1440 Violante, die Tochter des Grafen Guido da Montefeltre, in Urbino geheiratet und die Bibliothek von Cesena errichtet hatte. Außerdem führt er das Sterbejahr Malatestas, 1465, an. Als Grundlage diente ihm das 1641 erschienene Buch „Caesenae Historia“ von Scipione Chiaramonti.

 

Genau genommen hat sich Duellius also gefragt: 

  • Welche Bedeutung hat das Objekt?
  • Wer ist hier dargestellt?
  • Welche Bedeutung hat der Künstler?

All diese Fragen sind modern bzw. zeitlos interessant. Auch heute werden Fragen wie diese standardmäßig an Medaillen herangetragen.

Der Wert der Medaille

Von der Medaille haben sich mehrere Exemplare erhalten. Der Verbleib von Prandtauers Exemplar ließ sich leider nicht eruieren. Da die Medaille nicht aus Gold oder Silber, sondern aus Bronze bestand, hat und hatte sie nur einen künstlerischen Sammlerwert. Sowohl Prandtauer als auch Raimund Duellius war das bewusst. 

 

Interessant wäre zu erfahren, wie Prandtauer in den Besitz der Medaille gekommen ist und ob er weitere Medaillen besessen hat. Auszuschließen ist es nicht. Mit Sicherheit besaß er eine Bibliothek. Reste seines Bücherbestandes haben sich in den Bibliotheken der Stifte Melk und Seitenstetten erhalten.

 

Abbildungsnachweis: Patrick Fiska, Wien

Kommentar schreiben

Kommentare: 0